Das Schiff besteht aus dicken Holzplanken und ist sehr stabil gebaut, aber der Name ist nicht mehr lesbar, und die Herkunft gab Wissenschaftlern wie auch den vielen interessierten Besuchern, die seit einigen Wochen zu dieser neuen Sehenswürdigkeit pilgern, Rätsel auf. Einige ältere Bewohner der Gegend glauben sich zu erinnern, das Wrack vor über fünfzig Jahren noch gesehen zu haben, aber danach versank es in den Dünen und geriet in Vergessenheit. Höchstwahrscheinlich ist auch nur ein Stück des Schiffes wieder ans Tageslicht gekommen, und ein viel größerer Teil dürfte noch immer unter dem Sand liegen: das gesamte Schiff könnte bis zu 70 Metern lang sein!
An der Bauweise des Schiffes ist auch für Laien unschwer zu erkennen, dass es sich hier nicht um ein altes Piratenschiff oder eine spanische Galeone handelt, sondern um ein Schiff aus neuerer Zeit - schätzungsweise rund hundert Jahre alt. Es könnte sich um einen Frachter aus dem 19. Jahrhundert handeln, als das heute eher beschauliche Coos Bay der weltgrößte Umschlagplatz für Nutzholz war. Dadurch wurde die Suche nach der Identität des Schiffes aber nicht einfacher, denn damals gab es in dieser Gegend fast hundert Werften, die solche Frachter bauten. Nach der Bauart war es wahrscheinlich, dass es ursprünglich im 19. Jahrhundert vom Stapel lief, aber es gibt bestimmte Hinweise wie Sechskantschrauben und möglicherweise sogar elektrische Kabel, die darauf hindeuten, dass das Schiff später umgerüstet wurde und zumindest noch Anfang des 20. Jahrhunderts im Gebrauch war.
Im örtlichen Museum für Geschichte und Seefahrt verglich man nun schon seit Wochen alte Schiffsfotos mit dem Wrack und durchsuchte gleichzeitig Aufzeichnungen über Schiffsunglücke in dieser Gegend in einem Zeitraum von fast hundert Jahren: zwischen der Mitte des 19. und der des 20. Jahrhunderts. Erschwerend kam hinzu, dass die Gezeiten das Schiff damals weit vom eigentlichen Unglücksort fortgetragen haben. Ein Kandidat, der in die engere Auswahl der Fachleute kam, war der Schoner C. A. Smith, der 1917 auf der Werft Kruse and Banks in North Bend gebaut wurde und bereits 1923 an der Nordmole auf Grund lief. Sogar der hölzerne Minensucher YMS 139 aus dem Zweiten Weltkrieg wurde ins Gespräch gebracht, dessen junger Kommandant das brandneue Schiff und seine gesamte Besatzung 1943 beim Versuch, in schwerer See einzulaufen, dem Untergang weihte.
Des Rätsels Lösung war dann doch eine andere: Es ist der Schoner George Olson, der erst vor rund einem halben Jahrhundert strandete, als er - mit Holz für Kalifornien beladen - eine Abkürzung über die Barre nehmen wollte und bei Ebbe auf Grund lief.
Wer sich selbst ein Bild von der abwechslungsreichen Seefahrtsgeschichte dieser Gegend machen möchte, sollte unbedingt das Coos Historical and Maritime Museum (www.CoosHistory.org) in North Bend (1220 Sherman Avenue) besuchen. Es liegt ganz in der Nähe des Highway 101, der von Los Angeles bis Olympia in Washington State an der Pazifikküste entlangführt und zu den beliebtesten Panoramastraßen der Welt gehört. Fotos und eine Karte mit dem Fundort des Schiffes im PDF-Format gibt es unter www.OregonsAdventureCoast.com. Der Strand ist mit Fahrzeugen ohne Allradantrieb nicht zu erreichen, aber wer sich nicht zu Fuß auf den etwa fünf Kilometer langen Weg machen möchte, hat zwei weitere Möglichkeiten, das Wrack zu sehen. Die Firma Spinreel Dune Buggy and ATV Rental (www.RideTheOregonDunes.com) in North Bend (67045 Spinreel Road), ebenfalls in der Nähe des Highway 101, bietet Touren im Buggy oder ATV ("Quad") an. Sie kosten $23 (ca. Euro 15) für Erwachsene und $13 (ca.
Euro 8,60)
für Kinder zwischen 3 und 12 Jahren. Für $120 (ca. Euro 82) können bis zu drei Personen aber auch gleich einen einstündigen Rundflug über die Küste und das Wrack bei Coos Aviation (www.CoosAviation.com) - ebenfalls in North Bend (1210 Airport Way) - buchen.
Was mit dem Schiffswrack langfristig geschehen soll, steht noch nicht fest. Eine Bergung - wie man sie derzeit bei dem Frachter New Carissa versucht, der erst 1999 bei Coos Bay kenterte - kommt nur in Frage, wenn das Wrack insgesamt nicht zu groß ist und wenn sich eine Möglichkeit findet, ein solches Unterfangen zu finanzieren. Auf jeden Fall müsste man damit bis in den Herbst warten, wenn die jungen Seeregenpfeifer geschlüpft und flügge geworden sind, deren Eltern in der Nähe des Wracks nisten. Bis dahin hat Coos Bay auf jeden Fall eine ganz neue und bestimmt nicht alltägliche Touristenattraktion zu bieten - ein weiterer Grund für einen Besuch in Oregon und ein empfehlenswerter Abstecher bei der Durchreise auf der Küstenstraße.
Portland, der wirtschaftliche und kulturelle Nabel Oregons, ist von Deutschland aus mehrmals pro Woche nonstop mit der Lufthansa zu erreichen - von Frankfurt/Main aus geht es in 10 Stunden und 25 Minuten an die Pazifikküste Oregons.
Weitere Informationen (in englischer Sprache) erhält man auf den im Text genannten Websites. Ansonsten steht für alle Fragen rund um Oregon die Oregon Tourism Commission, c/o Wiechmann Tourism Service GmbH, Scheidswaldstraße 73, 60385 Frankfurt, Telefon +49 69 25538240, Telefax +49 69 25538100 mit Rat und Tat zur Seite. Deutschsprachige Informationen zu Oregon gibt es auch im Internet: Unter www.TravelOregon.de kann der "Beaver State" rund um die Uhr besucht werden.